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Die wundersame Wirkung der Shirodhara-Behandlung

Sajan Kumar Somarajan B. A. M. S. (Mahathma Gandhi Uni-versität, Kottayam, Kerala, Indien) Ayurvedaway Ayurveda Kurzentrum, Professor Böhm Str. 3, 94072 Bad Füssing, DE

Shirodhara, der sogenannte Stirnguss, ist eine der bekanntesten und beliebtesten Behandlungen im Ayurveda. Dabei liegt der Klient entspannt auf einer eigens für diesen Zweck geschnitzten Liege aus Holz, dem Dhroni; Ein kontinuierlicher Strahl einer medizinierten Flüssigkeit, wie z. B. Öl, fließt in langsamen, rhythmisch hin und her schwingenden Bewegungen auf seine Stirn herab und verteilt sich über seinem gesamten Kopf. Während dieser Behandlung verspüren die jeweiligen Per-sonen eine tiefe Entspannung und eine Art meditative Ruhe, was bei vielen psychischen und psychosomatischen Krankheiten oft zu wunderbaren Thera-pieergebnissen führt. Das Wirkungs-prinzip der Shirodhara-Behandlung geht über die herkömmliche Logik hinaus. Die-ser Artikel ver-sucht die Bedeutung des Shirodhara aus einer philosophischen Di-mension und Sichtweise heraus zu erklä-ren. Die grundlegenden Prinzipien des Ayurveda basieren auf dem festen Funda-ment indischer Philosophie. Um die tiefereBedeutung und die Logik, die sich hinter der ayurvedischen Lehre verbirgt, zu verstehen, müssen wir daher unseren Blick auf diesen philosophischen Hinter-grund erweitern.
Die 5 Großen Elemente, die 3 Gunas und die 3 Doshas


Unter den fünf Hauptelementen, Erde, Was-ser, Feuer, Luft und Äther, aus denen alles geschaffen ist, sind Erde und Wasser, diejenigen Elemente, welche am stärksten der Schwerkraft unterliegen, während Feuer und Luft eine entgegengesetzte Ausrichtung be-sitzen. Feuer und Luft stehen im Zusammen-hang mit dem Freiwerden und dem Ver-brauch von Energie und für die Dynamik, welche dabei entfesselt wird. Erde und Was-ser hingegen zeichnen sich durch ihre kühlen-den und besänf-tigenden Eigenschaften aus, indem sie für einen Zusammenhalt der Teilchen und die Bewahrung von Energie stehen. Diese verschiedenen Zustandsformen der Elemente können anhand des Was-serkreislaufs in eine anschauliche Darstellung gebracht werden. Das Feuer hat die Kraft, das Wasser zu erhitzen und es in Dampf zu ver-wandeln, welcher dem Element Luft zugehörig ist und nach oben steigt. Durch Abkühlung in den Wolken werden die Wasserteilchen aneinander gebunden und fall-en als Regen wieder auf die Erde. Alles Wasser sammelt sich letztendlich in den Ozeanen oder verdichtet sich weiter zu Eisbergen oder Gletschern. So vollzieht sich eine Umwandlung vom Feineren zum Gröberen, vom Gasförmigen zum Festen, vom Mikro- zum Makrozu-stand. Alle diese verschiedenen Zustandsformen wirken ständig ineinander und halten ein Gleichgewicht unterei-nander aufrecht. Wie wir wissen, ist dieses Gleichgewicht entscheidend dafür, dass Leben auf der Erde stattfinden kann. In gleicher Weise versteht die Lehre des Ayurveda das Gleichgewicht der Doshas, sowie alle zyklischen Um-wandlungen in der inneren und äußeren Natur.steht, die Luft (Vayu) in der Erdatmosphäre, müssen im richtigen Maß und Verhält-nis geg-eben sein, damit Leben entstehen und bestehen kann. In den frühen Phasen der Entwick-lung unseres Planeten Erde hat, wie es heißt, eine Abkühlung stattgefunden, die mit einem ein-setzenden Regen einherging und entscheidend dafür war, dass das organische Leben seinen Anfang nehmen konnte. Durch diesen Regen, der auf die sehr heiße Erdoberfläche fiel und so-fort verdampfte, wurde der Wasserkreislauf in Gang gesetzt, der maßgeblich zur Abkühlung der Erde beitrug. Aus der Sicht der ayurve-dischen Philosophie betrachtet, hat das Wasser alle Elemente zusammengeführt und ein dyna-misches Zusammenwirken zwischen ihnen herbeigeführt.
diese Verbindung konnte die Erde erst frucht-bar werden. An den Ufern von Flüssen konnten Zivilisationen zu allen Zeiten zu Wachstum und Wohlstand gelangen. Dieser Fluss setzt sich weiter fort und durchdringt alles in seiner Umgebung. Er fließt durch jedes Lebewesen hindurch und gelangt über den Blutkreislauf in jeden Winkel und in jede Zelle. Dies ist der kühlende und besänftigende Fluss, der alles erhaltende, regenerierende, heilende, stärkende und ätherisch belebende Strom kosmischer En-ergie, der zur Ordnung, Wachstum und Frucht-barkeit führt. Die Shirodhara-Behandlung entspricht in ihrem Ablauf und ihrer Wir-kungsweise dem Prinzip dieses kosmischen Flusses Ganga.


Die Mythologie erzählt, dass die Erde nicht in der Lage gewesen wäre der Erschütterung durch den Aufprall, der beim Herabfallen der Ganga vom Himmel entstanden wäre, stan-dzuhalten. So musste Bhageeratha Gott Shiva bitten, den Fluss auf seinem Haupt aufzufangen. In Shiva-Tempeln wird daher noch heute ein sehr bedeutungsvolles Opfer-ritual, Abhishekam, vollzogen, bei dem Wasser, Milch, Ghee oder andere Flüssigkeiten auf die Gottesstatue gegossen werden. Es besteht die Vor-stellung, dass sich das Haupt von Shiva, der repräsentativ für den Universellen Vater oder das männliche Prinzip steht, ständig erhitzt und daher zum Schutze und zum Erhalt des Lebens der Kühlung bedarf. Die Hitze und das Feuer, das von Shiva ausgeht, würde sonst alles zu Asche ver-brennen. Das in den Tempeln rituell praktizierte kontinuier-liche Übergießen der Shiva-Statue mit kühlen-den und besänftigenden Flüssigkeiten steht symbolisch für die Kühlung seines Hauptes. Diese beiden Pole, sind in allen Lebewesen an-gelegt und befinden sich in einer ständigen In-terak-tion. Das männliche Prinzip konzen-triert sich mehr im oberen Pol, dem Kopf, wo das Nervensystem und die Sinnesorgane mit der Wahrnehmung und dem Bewusstsein lo-kalisiert sind. Bei einer Überaktivität des Gehirns und der Sinnesorgane, wie es beispielsweise heute in einem einseitigen intel-lektuellen Denken und einem Übermaß von Sinnesreizen der Fall ist, beschleunigt sich der
Übersetzung aus dem Englischen:
Christine Hein
Weiter in der nächsten Ausgabe…...


In diesem zyklischen Wandel stehen die Elemente Feuer und Luft für die nach oben gerichtete Seite, die mit Abbau und Zerstörung oder Auflösung einhergeht, während die Elemente Wasser und Erde die ausgleichende und aufbau-ende Seite darstellen. Feuer entzündet die katabolische Umwandlung, also den Abbau, und Wasser unterstützt die kühlende, besänftigende, regenerative, reproduktive, bewahrende, Wachstum und Stärke fördernde sowie heilende Seite des Lebens. Während Erde und Wasser die Teilchen zusammenfügen, ist es das Feuer, welches sie wieder voneinander trennt. In Bezug auf das Gleichgewicht der Elemente untereinander kann gesagt werden, dass in allen Dingen, die geschaffen sind und eine materielle Existenz besitzen, zu Beginn die schöpferische und aufbauende Kraft überwiegt und Wachstum und Kraft spendet. Dann aber weicht diese zurück, so dass die abbauende, destruktive Seite nach und nach die Oberhand gewinnt. So steht Wasser für Leben und Wiedergeburt und Feuer für Zerstörung und Tod in materieller Hin-sicht. Aus spiritueller Sicht schenkt Feuer der Seele die letztendliche Erlösung und Freiheit von den materiellen Bindungen.
Die indischen Philosophiesysteme sprechen von drei grundlegenden Seinsprinzipien, den Gunas, von Sathwam, Rajas und Thamas, durch die alle Dinge geschaffen und aufrechterhalten werden. Auf der makrokosmischen Ebene finden sie ihre Entsprechung in Bewusstsein, Ener-gie und Materie. Auf der mikrokosmischen Ebene offen-baren sie sich als die drei Doshas, Vatha, Pitha und Kapha. Wenn sich diese Doshas in einem Zustand desGleichgewichts befinden, dann ist eine Har-monie gewährleistet. Wenn ein oder zwei Doshas aus dem Gleichgewicht geraten, dann geht das Wohlbefinden verloren und Krank-heiten sind die Folge. Eine zu einseitige intel-lektuelle Tätigkeit, Stress, Erschöpfung der Sinnesorgane aufgrund von Überanstrengung, beispielsweise durch zu viel Fernsehen und allgemein durch Bildschirmarbeit oder zu viel Lesen, zu lautes oder langes Hören von Mus-ik, führen dazu, dass das Dosha, Vatha, welch-es mit dem Bewusstsein und Nervensystem in Verbindung steht, überhand nimmt. Auch schwere physische Arbeit, mangelnder Tagesrhythmus, zu viel Reisen u.s.w. lassen ebenfalls das Vatha ansteigen. Ein solcher Überschuss von Vatha erzeugt Trockenheit der Haut und der Gelenke, Verstopfung, Schlaflosigkeit, Appetitverlust oder un-regelmäßigen Appetit, Konzentra-tionsschwäche, Gewichtsabnahme, allgemeine Schwäche, ein verstärktes Wärmebedürfnis u.s.w..

Für die Entstehung und Aufrechterhaltung des Lebens ist es notwendig, dass die Doshas insgesamt in ein dynamisches Gleichgewicht
kommen. Die drei Gunas haben ihren Ur-sprung in Brahmam, in dem ein absolutes Gleichgewicht vorherrscht. Sie erschaffen alles und da ein absolutes und perfek-tes Gleichgewicht dieser Gunas zu einem Still-stand und damit einer völligen Auflösung aller Dinge führen würde, muss gleichzeitig immer auch ein gewisser Grad des Ungleichgewichts bestehen bleiben. Dieses Ungleichgewicht ist es, welches den Dingen ihre Identität und ih-ren individuellen Charakter verleiht, der als Prakruti bezeichnet wird. So ist einerseits ein Gleichgewicht der Gunas notwendig, damit die Welt und das Leben bestehen können und an-dererseits auch ein gewisser Grad von Un-gleichgewicht, damit es nicht zu einer Auflösung kommt. Somit kann Leben als eine Art Gleichgewicht bezeichnet werden, welches immer dynamisch bleibt und sich in einem mittle-ren Bereich zwischen perfekter Aus-geglichenheit und totalem Chaos bewegt. Daher besitzt alles Geschaffene den natürli-chen Drang ein Gleichgewicht in sich aufrechtzuerhalten und damit sich selbst zu erhalten. Ebenso trägt alles Geschaffene in sich auch eine Tendenz zu Auflösung und Zerfall, die dem ausgleichenden Prinzip entgegen-wirkt, weshalb es immer notwendig ist, diese ausgleichenden und erhaltenden Kräfte in ihrer Aktivität und Wirkungskraft durch gezielte Maß-nahmen zu unterstützen und zu fördern.


Die Mahagunas sind die grundlegendsten Prin-zipien durch die sowohl Bewusstsein als auch Energie und Materie erschaffen werden. Wenn wir das Bewusstsein als den Herrn und Meis-ter betrachten und den Kosmos als die äußere Welt, welche durch dieses erschaffen ist, ver-gleichbar mit einem Baum, der aus einem Samenkorn entsteht, so ist alles innerhalb die-ses materiellen Universums aus den Fünf Großen Elementen, den Mahagunas, geschaffen. Damit sich Leben manifestieren kann, muss ein hoher Grad des Gleichgewichtes dieser Gunas gegeben sein. Um es im Verständnis der modernen Wissen-schaft auszudrücken, so müssen optimale Bed-ingungen vorherrschen, damit Leben auf der Erde möglich ist. Die Gravitationskraft, die dem Element Erde (Bhumi) entspricht, das Wasser in flüssiger Form (Jalam), die Temper-atur, die mit dem Feuer (Agni) in Verbindung

Sajan Kumar Somarajan B. A. M. S. (Mahathma Gandhi Uni-versität, Kottayam, Kerala, Indien) Ayurvedaway Ayurveda Kurzentrum, Professor Böhm Str. 3, 94072 Bad Füssing, DE